Die Gretchenfrage


Eine wichtige Frage die sich jeder stellt, der nach Singapur zieht ist: 

Maid (Hausmädchen) ja oder nein?!


Aber erstmal für euch zur Info: 

In Singapur ist es üblich sich eine Haushaltshilfe zu nehmen, die sich um nahezu alles kümmert. Haushalt, Kinder, Einkaufen, Auto putzen, Müll rausbringen, Terrasse schrubben, mit dem Hund raus gehen ……

Meist sind das Frauen aus Indonesien, Malaysia, Thailand oder den Philippinen. Sie arbeiten fast rund um die Uhr für wenig Geld. Oft haben sie Mann und Kind/er zuhause und ernähren mit ihrem Job die gesamte Familie. Laut Singapurs Gesetzgebung haben sie das Recht auf einen freien Tag in der Woche und alle 2 Jahre 14 Tage Heimurlaub. Sie leben in dem Haus, in dem sie arbeiten. Es ist keine Seltenheit, dass der „Helperroom“ nicht einmal groß genug ist für ein normales Bett. Es gibt in Singapur sogar Firmen, die Betten in Spezialgrößen verkaufen (z.B. Länge 1,60m). Oder der Bombshelter - ein bombensicherer Raum im Keller, der in Singapur Vorschrift ist und natürlich kein Tageslicht und kaum Frischluft hat - wird kurzerhand mit einer Matratze am Boden bestückt. Bereits bei unserer Haussuche im November habe ich die ungeheuerlichsten Dinge diesbezüglich gesehen. 

Als wir hierher kamen hatte ich sehr zweigespaltene Gefühle zu diesem Thema. Ich habe mich intensiv mit allen Infos zum Thema auseinandergesetzt - Gesetzliche Vorgaben, Erfahrungsberichte, Hintergründe die nicht so gerne offen in Broschüren aufgeführt werden und natürlich mit meinem eigenen Gewissen und meinen Werten.

Was soll ich sagen? Es war nicht leicht. Und es gibt keine „richtige oder falsche“ Entscheidung. Mir war bewußt, dass wenn wir den Schritt gehen, wir ein System unterstützen, dass der Sklaverei nicht unähnlich ist. Andererseits würden wir eine Arbeitsstelle schaffen, die einer Familie in ärmeren Ländern ein Einkommen ermöglicht und der Maid selbst einen sicheren und wertschätzenden Einsatzort.

Ich habe sehr viele Berichte von anderen Familien gehört und Einblicke bekommen, unter welchen Bedingungen die Maids in Singapur normalerweise häufig arbeiten müssen. Wie unmenschlich der Umgang und die Lebensbedingungen für diese Frauen sind. 

Also stand auf der anderen Seite die Frage, ob wir an der bestehenden Struktur in Singapur etwas verändern würden, wenn wir keine Maid nehmen.

Wir haben auch mit den Kindern darüber gesprochen und sind dann gemeinsam zu der Entscheidung gelangt, dass wir die Hilfe einer Maid annehmen wollen, aber nur unter anständigen Bedingungen. Erfreulicherweise bietet unser Haus Platz für ein anständiges Zimmer (mit einem ganz normalen Bett + Schrank + Tisch und eigenem Bad). Das waren für uns die Mindestvoraussetzungen. 

So weit, so gut. 

Der nächste Schritt bestand nun darin, den gesetzlich vorgeschriebenen Online-Kurs für zukünftige Arbeitgeber des MOM (Ministry of Manpower) zu absolvieren. Dieser dauert ca. 1,5 Stunden und einem werden in dieser Zeit die grundlegendsten Fakt menschlicher Umgangsformen vermittelt. Werte, die meine Kinder von Anfang an lernten. 

In der Schulung wird man darüber aufgeklärt, dass die Maid ein Recht auf einen eigenen Raum zum schlafen hat. Allerdings wird nicht definiert, wie groß dieser sein muss und wo er sich befinden sollte (Auch die Kammer im Freien, hinter der Küche 1,20 x 1,00 gilt als eigener Raum!). Zudem muss man sie alle 6 Monate zu einem Gesundheitscheck schicken. Wie in einem Kinderanimationsfilm wird einem vermittelt, wie man rücksichtsvoll miteinander umgeht und dass man die Helferinnen nicht schlagen und respektvoll behandeln sollte. Ich war geschockt!

Der zweite Schritt, der notwendig war, war noch heftiger. Damit man eine Maid findet gibt es in Singapur einen eigenen Wirtschaftszweig - Madeagenturen. Hier sitzen die Frauen im Schaufenster und werden ausgestellt wie Ware. Gleichzeitig verkauft die Agentur dir die Krankenversicherung und einen Bankkonto für die Gehaltszahlungen kannst du auch gleich bei ihnen eröffnen. Für uns „Westler“ ein sehr verstörendes Bild.

Bei uns um die Ecke gibt es das Bukit Timah Plaza. Das ist wie eine große Shopping-Mall, nur dass die Hälfte des Gebäudes keine Shops sondern Agency´s füllen. Da ich mich informieren wollte bin ich ziemlich unvorbereitet in eine Agentur gegangen und habe diese nach ca. 2 Minuten wieder fluchtartig verlassen. Die Dame hinter dem Schreibtisch fragte mich ob ich eine Maid suche und ließ mich setzen. Sie stellte mir in viel zu kurzer Zeit viel zu viele Fragen - ob ich eine Transmaid oder eine „Neue“ haben möchte, welche Nationalität es sein soll, welche Besonderen wünsche wir haben, ab wann wir sie benötigten…. 

Als sie merkte, dass ich keinerlei Plan hatte und gerade ziemlich hilflos bin, legte sie mir einen Ordner, gefüllt mit lauter Steckbriefen von Maids vor und erläuterte, wie lange es dauerte, bis sie „geliefert“ werden könnten. Dass ich wenn ich eine gewählt hätte, einen online Call mit ihr haben könnte und sie dann 4 Wochen benötigten, bis sie nach Singapur kommen und bei uns anfangen könnte. Ich bedankte mich freundlich und verließ so schnell ich konnte die Agentur.

Die Mutter einer Mitschülerin meiner Tochter beriet mich bei der Auswahl der Agentur, als sie meine Erfahrungen hörte. Sie war sogar so nett und begleitete mich zum „Speeddating“. Diese Agentur hatte sich auf Transfermaids spezialisiert. Das bedeutet, dass Maids, die bereits in einem Haushalt tätig waren und deren Arbeitsverhältnis endete, nun wieder weitervermittelt werden. Diese kann man dann direkt in der Agentur kennenlernen und sich eine aussuchen. 

Was soll ich sagen? Ich wäre ohne die erfahrene Dame an meiner Seite absolut verloren gewesen. Sie hingegen hatte schon ihre 4. Maid und wusste genau was man die Damen fragen kann und was man aus ihnen herauskitzeln sollte um einen Eindruck von ihnen zu bekommen. Nicht selten krampfte sich mein Magen zusammen und ich spürte den innerlichen Aufschrei: „Sowas kann man doch nicht fragen!“ Aber es ist eine andere Welt. Letztlich verließ ich mich auf mein Gefühl und lud die 2 Damen, die mir am sympathischsten waren zu uns nach Hause ein, damit die Familie mitentscheiden kann. Denn schließlich wird sie die nächsten 3 Jahre bei uns Leben.

Fortsetzung folgt….


Viele Grüße aus dem fernen Singapur.

🙏

Melanie

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